Mittwoch, 25. Januar 2017

Ab in die Berge!

Ab in die Berge!

Nach dem der ganze Neujahrsstress und die Fortbildung (Ergotherapie) überstanden war, hatten wir endlich mal drei Tage frei. Für einige von uns Freiwilligen war damit eins klar: Ab in die Berge!
Unser Ziel war: Karakol, eine Stadt in den Bergen, östlich des Issyk-Kul Sees, und wahrscheinlich das größte Skigebiet in Zentralasien. Eingequetscht zwischen anderen Reisenden fuhren wir mit einer Maschrutka gut sieben Stunden von Bischkek nach Karakol. Abends kamen wir in unserem kleinen Gasthaus an. Es handelte sich dabei nicht um ein modernes Hostel, sondern um das Haus einer kirgisischen Familie, die zwei Zimmer frei hatten.
Einige waren zum Skifahren gekommen, andere, so wie ich zogen das Wandern vor.
Am Tag nach der Ankunft sah ich mir erstmal dieses „Karakol“ an. Eine Stadt, die mit Bischkek nichts gemeinsam hat- außer ,dass es wie überall hier einen Basar gibt. Zu bieten hat die Stadt eine chinesische Moschee, die komplett aus Holz und ohne metallene Nägel erbaut wurde. Ich als Frau durfte trotz Kopftuch nicht rein…..

Ebenfalls aus Holz bestehend gibt es in Karakol eine orthodoxe Kirche aus dem Jahr 1895. Ich wurde ziemlich blöd angeschaut als ich ohne Kopfbedeckung hinein maschierte->*Wieder-was-gelernt!*

Verpassen darf man auch nicht das speziell für Karakol bekannte Ашлян-Фу  („Aschlanfu“), denn jeder Kirgise/jede Kirgisin scheint darauf zu schwören, dass es NUR in Karakol wirkliches, gutes Aschlanfu gibt.  Ich selbst war von dieser kalten, scharfen, mit Speisestärke-stücken und Nudeln herumschwimmenden Suppe nicht ganz so begeistert, wie meine Kirgisischen Freunde in Bischkek.
Um aus der Kleinstadt raus in die Berge zu kommen gibt es drei Möglichkeiten.
1.Maschrutka
2.Taxi (Taxi fahren kostet hier etwas weniger als Busfahren in Deutschland)
3.Trampen

Besonders das Trampen war sehr einfach, da die Karakoler an den Tourismus schon sehr gewöhnt sind, und sich durch das Rumfahren von Tourristen gut was dazu verdienen.  So bekam ich in den wenigen Tagen Urlaub wunderschöne Berge zu sehen:






Der Ak-Suu Nationalpark ist bestimmt wunderschön im Sommer -wir jedoch kamen nicht weit, da alle Wege dermaßen eingeschneit waren, dass wir nach wenigen Kilometern umkehren mussten. Im Tal befinden sich die Reste eines ehemaligen Kurortes mit Holzbaracken, in denen die Einheimischen wohl noch immer zum Baden in den ca. 50 Grad heißen Quellen entspannen.

Dank einiger Einheimischen fanden wir diesen wunderschönen Panorama Platz mit Sicht auf die Stadt und die Sonne wie sie hinter den Bergen untergeht.











Am nächsten Tag bestand uns erstmal eine 28 Km weite Fahrt im Auto des Vaters der kirgischen Familie bevor ( oder war es der Onkel..?  ).  Links und rechts von mir erstreckten sich die weißen Berge zu riesigen Wänden und ich konnte meinen Blick gar nicht abwenden, noch wusste ich ob ich links oder rechts schauen sollte. Nach fast 40 Minuten Fahrt hielt der Fahrer an um uns folgendes zu zeigen:






Angeblich soll dieser Felsen wie ein gebrochenes Herz aussehen- Wer von euch hat es erkannt? Ich jedenfalls nicht.
Außerdem wird erzählt, dass dieser Fels das Herz einer jungen Kirgisin symbolisiert, die an dieser Stelle vor Liebeskummer starb, weil sie in zwei Männer verliebt war. Als sich die beiden Rivalen jedoch gegenseitig umbrachten brach ihr das das Herz.
Kurz darauf kamen wir in ein kleines Dorf-  Jeti Oguz. „Jeti Oguz“ ist kirgischisch und bedeutet „sieben Bullen“. Auch hierzu gibt es diverse Geschichten. Eine wäre da zum Beispiel, dass ein Hirte mit seinen sieben frisch geborenen Bullen in die Berge stieg und alle sieben verlor. Daraufhin suchte er Monate lang nach ihnen, bis er erfolglos ins Dorf zurückkehrte. Als er nun zu den Bergen blickte sah er nicht seine Kälbchen, sondern sieben riesige rote Felsen. Zählt man sie heute kommt man jedoch auf zehn oder sogar elf, was wahrscheinlich an Wetterabnutzungen liegt- oder daran das der Name ursprünglich was ganz anderes bedeutet hat…







Entlang  der roten Felsen wanderten wir den ganzen Tag. Auch hier lief ich abseits jeglicher Wege und streckenweise im  kniehochem Tiefschnee.




Die Fußspuren haben wir hinterlassen.







Das Schlittenfahren  später hat nur so semi- gut geklappt…



Abends waren wir bei Adilet, einem Kirgisen, den die anderen beim Skifahren kennen gelernt haben zum Essen eingeladen. Dort erfuhren wir wieder einmal Spannendes über die engen familiären Strukturen der kirgisischen Kultur.  Da wäre zum Beispiel der festbestehende Brauch, dass der zuletzt geborene Sohn, das Elternhaus bekommt und dieses auf keinen Fall verkaufen darf. Dafür ist es auch die Aufgabe des Jüngsten Sohnes sich um die Eltern zu kümmern, wenn sie alt werden. Altersheime sind eine Schande. Die Frauen wechseln mit der Hochzeit sozusagen die Familie. Das ist der Grund, warum viele Frauen zuerst geborene Männer, den jüngeren vorziehen. Denn ist eine Frau mit einem zuletzt geborenen Verheiratet, ist es letztendlich sie, die verpflichtet ist die Schwiegereltern zu pflegen und mit Ihnen zusammen zu wohnen. Es gab noch viel viel mehr spannende Eindrücke an diesem Abend, die aus den Erzählungen Adilets hervorgingen. Es wird mir hier immer deutlicher wie eng die Kirgisen/-Innen hier in den Familienstrukturen festhängen.
Sultan, ein Kirgise aus Bischkek, der für einige Zeit in Deutschland lebte verglich die Freiheit der individuellen Person  Kirgistans mit der Deutschlands mit folgendem Bild:

„In Deutschland ist das Kind ein Ballon. Es kann sich in alle Richtungen im Raum bewegen. In Kirgistan ist das Kind ein Glied einer Kette. Jede Schritt hat Auswirkungen auf die ganze Kette, und so muss jeder Schritt mit den anderen Kettengliedern besprochen werden“

Als Sultan von dieser Kette sprach klang es zunächst eher sehr abwertend. Ich selbst frage mich hier jedoch manchmal auch, ob es nicht auch etwas ganz besonderes ist Mitglied dieser Verkettung zu sein und ob wir Deutschen nicht manchmal zu sehr wie Luftballons alleine durch den Raum fliegen.


Nach diesem spannenden Abend jedenfalls war mein Kurzurlaub leider auch schon beendet. Auf mich wartete eine Maschrutka Fahrt, bei der ich das Pech hatte, dass der Fahrer alle 50 km anhalten musste, aussteigen und irgendwas am Motor reparieren musste, da dieser des öfteren ausfiel.. Im Gepäck hatte ich wundervolle Bilder von Bergen und Schnee, die ich mich vorher nicht zu träumen gewagt hätte. Jetzt freue ich mich noch viel mehr auf die noch kommenden Reisen durch dieses landschaftlich wunderschöne Kirgistan.


Neues aus Ümüt:
Nach der Rückkehr des Kurztrips nach Karakol stand in der Schule  auch schon bald das Spiralen Fest an. Die Waldorfschüler*innen unter euch kennen dieses Fest unter dem Namen „Adventsgärtchen“. Tannenzweige werden zu einer Spirale gelegt. In der Mitte der Spirale befindet sich eine große Kerze. Die Kinder laufen (oder werden wenn sie selbst nicht können, getragen) mit einer Kerze, die in einem Apfel steckt, zu der Mitte, um ihre Kerze dort an der großen anzuzünden. Am Ende entsteht eine Spirale voller Lichter. Aus den Kerzen war es vollkommen dunkel im Raum. Deshalb war es ganz wichtig, dass die Kinder ununterbrochen von Musik begleitet waren. Wir sangen ruihge Lieder, es wurde Flöte, Piano und Hang gespielt. Es war tatsächlich das erste entspannte Fest, das ich sehr genossen habe.



Im Dunkeln sah das natürlich deutlich schöner aus, aber erst danach durften logischerweise Fotos gemacht werden.

Nun steht im Februar auch mein Zwischenseminar in Georgien an. Davor habe ich mir eine Woche Urlaub genommen, da ich eine Woche durch Georgien reisen will. Danach, wer hätte es gedacht, wird es auch schon wieder ein Fest in unserer Schule geben!

Ich danke euch fürs lesen, sende euch die liebsten Grüße und halte euch auf dem Laufenden!
Eure Lissa

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