Mittwoch, 4. Januar 2017

Weihnachten und Neujahr in Kirgistan


„С Новым годом!“ oder auf Kirgisisch gesagt „Жаңы жылың менен!“ - Frohes neues Jahr !

Die letzten Dezemberwochen sind wie im Flug vergangen, da hier einiges los war. Weihnachten wird in Kirgistan zwar nicht gefeiert (die orthodoxen Russen feiern allerdings Weihnachten am 7. Januar), aber dafür ist  Neujahr umso mehr Anlass, um ordentlich gefeiert zu werden. Wochenlang hat sich ganz Bischkek auf den Jahreswechsel vorbereitet. Der große Ala-Too Platz verwandelete sich zur Winterwelt aus Lichterketten, Rentiere, Schneemänner oder Kugeln bildeten, von denen man nicht ganz weiß ob man sie total kitschig oder ganz schön finden soll. Man hätte den überschmückten Platz aber genauso gut für einen Weihnachtsmarkt halten können. Denn den geschmückten Tannenbaum und den Weihnachtsmann als „дед мороз“ (=Großvater Frost), der Geschenke bringt, gehört zum Neujahrsfest in Kirgistan ganz klar dazu.
Auch die Schule bereitete sich intensiv mit den Kindern und Jugendlichen auf das Fest vor, da jedes Jahr auch eine große Feier in der Schule geplant wird. Drei Wochenlang wurde nur noch geprobt und Neujahrslieder einstudiert.  Die Kinder redeten nur noch vom „елка“ („jolka“=Tannenbaum) und „дед мороз“.  Am 27. Dezember war es dann endlich soweit. Alle Kinder und Lehrerinnen kamen in tollen Kostümen (Es erinnerte ein bisschen an Fasching) .Der große Saal im Korczak Zentrum war festlich geschmückt –in der Mitte stand sogar ein großer Tannenbaum. Eltern, Spender*innen, Studierende und Freunde der Nadjeschda Organisation waren gekommen. Dementsprechend war die Stimmung „hinter den Kulissen“ auch richtig stressig.
Das Fest hatte allerdings auch allerhand zu bieten. Die Kinder haben viel gesungen und getanzt. Ich selbst war in einen „Schneeflockentanz mit Rollstühlen“ eingebunden, sang mit drei meiner Schülerinnen ein Kirgisisches Lied (man gab mir allerdings wegen meiner anfänglichen Textunsicherheit  als einzige KEIN Mikrofon- obwohl ich am Ende den Text besser auswendig konnte als meine kirgisischen Mädels), und half einem Rollstuhlfahrer bei einem Walzer im Rollstuhl. Nebenbei musste ich mit einigen Lehrerinnen während des Konzertes auch noch  Geschenke für die Kinder einpacken und Essen für die Gäste vorbereiten. Es war alles in allem ein ziemliches hektisches Rumgerenne, was es mir unmöglich machte das Fest ,auf das wir solange hingearbeitet hatten ein bisschen zu genießen.

Umso mehr genießen konnte ich dafür die Feier ohne Kinder, die am 30. Dezember, dem Freitagabend vor Silvester gefeiert wurde. Die Betriebsfeier, „корпоративна“ („Korporativna“), schien für die Lehrer*innen eine ziemlich große Sache zu sein. Am Tag der Feier trafen sich nach der Arbeit einige zum gegenseitigen „Aufbrezeln“. Eine meiner Kolleginnen ging dafür sogar in einen Schönheitssalon, von denen es hier nur so zu wimmeln scheint.  Die Feier fand in einem für kirgisische Verhältnisse, und für das Einkommen der Lehrer*innen total überteuertem Restaurant statt. Nachdem ein bisschen gegessen und geredet wurde, überraschten mich meine Kolleginnen und Kollegen sehr mit ihrer Tanzbegeisterung. Während wir Deutschen anfangs noch ziemlich verlegen und schüchtern am Rand standen, tanzten unsere Lehrerinnen uns an, zogen uns auf die Tanzfläche und tanzten ganz ohne Schüchternheit. Das waren für mich ziemlich besondere Stunden, da ich das Gefühl hatte zum ersten Mal richtig zu der „Nadjeschda-Familie“ dazuzugehören. Genau dieses Gefühl hatte ich gebraucht, da ich mich immernoch, oft vorallem aufgrund der Sprache, ausgeschlossen aus dieser Lehrerinnen- Gemeinschaft fühle.

Die Menschen die ich hier treffe überraschen mich immer wieder und jeder Tag mit ihnen, aber besonedrs Abende wie dieser bringen mir neue Erkenntnisse über das Leben in Kirgistan.
Zum Einen fällt mir immoment sehr stark auf, dass das makelose äußere Erscheinungsbild hier jeden Tag ein großes Thema, insbesondere für Mädchen und Frauen ist. Da fühle ich mich mit meinen Wanderschuhen und meiner Outdoor-Jacke, vollkommen ungeschminkt doch manchmal ganz schon fremd und auffallend in der Stadt.  Zum Anderen aber spürte ich immer wieder (nicht nur an diesem Abend!) ganz viel Unverkrampftheit, Freude und Bereitschaft zum Kontakt.

Am Abend darauf, der  letzte Tag des Jahres 2016 feierte ich ganz entspannt mit meinen Mitfreiwilligen und anderen Freunden und Bekannten in meiner Wohnung. Kurz vor zwölf liefen wir zum Ala-Too Platz um uns dort das große Feuerwerk anzusehen.

Weihnachten ist für mich dieses Jahr natürlich auch nicht ganz ausgefallen. Im Gegenteil. Ich hatte zwar einen sehr anderen, aber dennoch einen sehr schönen Weihnachtsabend am 24. Glücklicherweise viel der Tag auf einen Samstag, so mussten wir am nächsten Tag nicht arbeiten. Alle Freiwilligen in Bischkek und aus dem Sozialdorf entschieden sich zusammen in einer Wohnung zu feiern.  Am Ende jedoch war es ein sehr buntes, multikulturelles Fest, da auch ein Russe und einige Kirgisen unserer Einladung gefolgt waren, darunter zwei unserer Arbeitskolleginnen mit jeweils Tochter bzw. Schwester.  Wir taten unser Bestes den Kirgisinnen und Kirgisen gute Gastgebende zu sein, da „Gast sein“ und „Gastgeber-sein“ in Kirgistan ein sehr wichtiges Element der Kultur ist, mit klaren Verhaltensweisen beiderseits.  Da ich gewöhnlich die Rolle des Gastes in Kirgistan einnehme, war es an diesem Abend sehr spannend zu sehen, wie sich unsere sonstigen Gastgeber in der Rolle des „Gast seins“ verhielten.  Ich habe sie als sehr zurückhaltend und viel, viel  schüchterner als sonst wahrgenommen. Das Essen habe ich ihnen regelrecht aufzwängen müssen und wenn etwas fehlte meldete sich keiner von ihnen.  Aber als wir allen den ersten Glühwein aufgedrückt hatten, lockerte sich die Stimmung schnell und es kamen schöne lange Gespräche zustande. Weil uns das aber noch nicht weihnachtlich genug war, sangen wir noch einige Weihnachtslieder bei Kerzenschein.  Für mich war das der Moment, den ich Weihnachten nenne. Es war ein sehr schönes Gefühl so viele Menschen um sich zu haben und mit ihnen diesen Abend auf verschiedenste Weise zu teilen.

Nun ist der ganze Weihnachts und Neujahrszauber schon so gut wie abgeklungen und die Schule bereitet sich bereits aufs nächste Fest vor.  Außerdem findet gerade für die Mitarbeitenden der Einrichtung Ümüt-Nadjeschda ein sehr spannendes Seminar statt. Die Dozentin ist eine deutsche Ergotherapeutin- so haben wir Freiwilligen auf einmal eine ganz andere Rolle, da wir diejenigen sind die die Sprache verstehen, während für die Mitarbeitenden übersetzt wird.

Ich wünsche euch allen nochmal ein frohes neues Jahr, hoffe ihr habt alle schöne Feiertage gehabt und weniger Eis auf den Straßen als hier…

Liebe Grüße
Eure Lissa

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